Biodiversität

Auf die richtige Biodiversitätsstrategie kommt es an

Die Biodiversitätskrise bedroht unsere Lebensgrundlage und birgt auch für Unternehmen erhebliche Risiken wie z.B. Rohstoffknappheit, Bodendegradierung oder Extremwetterereignisse. Es ist höchste Zeit, dass Unternehmen eine resiliente Zukunftsstrategie erarbeiten, die der Biodiversität nicht nur nicht schadet, sondern die verlorene Vielfalt in der Natur wiederherstellt.  

Auch die EU reagiert nun auf den dramatischen Verlust von biologischer Vielfalt. Sie setzt sich zum Ziel, die Naturzerstörung bis 2030 zu stoppen und 2050 soll sich die Natur bestmöglich wieder erholt haben. Teil dieser EU-Strategie sind auch die ausgeweiteten Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen. In diesem Artikel haben wir euch das Wichtigste zu CSRD (Corporate Sustainable Responsibility Directive) zusammengefasst.  

Die Berichte der Unternehmen sollen möglichst einheitliche Informationen enthalten, weshalb European Sustainability Reporting Standards (ESRS) eingeführt wurden. Der Baustein ESRS E4 behandelt Aspekte zu Biodiversität und Ökosystemen. In diesem Baustein wird unter anderem eine Strategie zur Vermeidung von Biodiversitätsverlusten und der Wiederherstellung von natürlicher Umwelt gefordert. Aber wie kann eine solche Strategie aussehen? 

ESRS E4 – Vom Nachhaltigkeitsbericht zur Umsetzung von Biodiversitätsmaßnahmen

Bei der Erstellung von Strategien des Biodiversitätsmanagement ist es wichtig, dass diese wissenschaftlich fundiert und nachprüfbar sind. Strategien sollen zudem soziale Fragen berücksichtigen und Interessensgruppen einbeziehen. Insbesondere entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind die Auswirkungen der eigenen Geschäftstätigkeiten auf die lokale Bevölkerung oft im Unklaren. Der Standard ESRS E4 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung fordert daher an zahlreichen Stellen auch, dass soziale Nachhaltigkeit berücksichtigt wird.  

Treiber von Biodiversitätsverlust sind vor allem Klimawandel, Änderung von Land- bzw. Meeresnutzung, Übernutzung von Ressourcen, invasive Arten und Umweltverschmutzung. Außer das Eintragen und Verbreiten von invasiven Arten werden diese Aspekte auch in anderen ESRS-Bausteinen behandelt, weshalb der Standard ESRS E4 mit zahlreichen Querverweisen versehen ist. Maßnahmen, die zur Vermeidung von zu hohem Wasserverbrauch, zur Klimawandelbekämpfung getroffen werden, sind häufig auch geeignete Maßnahmen zur Förderung einer reichen und resilienten Natur.  

Ein umfassendes Biodiversitätsmanagement kann weitreichende Änderungen in den Geschäftstätigkeiten nach sich ziehen, z.B. bezüglich der Standortauswahl, der genutzten Rohstoffe oder des Produktdesigns. Langfristiges Ziel sollte für Unternehmen die sogenannte “nature positivity” sein. Das bedeutet nicht nur, dass keine Schäden an der Natur durch die eigenen Geschäfte entstehen, sondern, dass die Natur wieder hergestellt wird. Bis dahin müssen allerdings viele kleine Zwischenschritte zunächst die negativen Auswirkungen auf Biodiversität reduzieren. Jede Maßnahme zur Verbesserung der Situation ist angesichts des dramatischen Biodiversitätsverlusts dringend erforderlich. Gleichzeitig können viele Maßnahmen in der eigentlich notwendigen Radikalität zunächst nicht umgesetzt werden, da sie mit den unternehmerischen Notwendigkeiten nicht zu vereinbaren sind. Für diesen Fall, sieht der Standard ESRS E4 eine Hierarchie von Maßnahmen vor, die immer geprüft werden müssen. 

Minderungshierarchie der Maßnahmen im Rahmen des Biodiversitätsmanagement

Bei der Biodiversitätsstrategie gilt folgende Hierarchie der Abhilfemaßnahmen (mitigation hierarchy): 

minderungshierarchie-mitigation-hierarchy-biodiversitaet-csrd-esrs-e4

Diese Maßnahmen sollten im Rahmen des Biodiversitätsmanagements entsprechend priorisiert, geprüft und umgesetzt werden.

Vermeiden von Aktivitäten mit negativen Auswirkungen auf Biodiversität

Maßnahmen zur Vermeidung von Biodiversitätsverlust kann bedeuten, von bisherigen Plänen der Geschäftsentwicklung abzusehen. Dies kann örtliche oder zeitliche Planungen betreffen, oder sogar das Produktdesign als solches hinterfragen:

 

a) Vermeidung durch Standortauswahl (Verlegung des gesamten Projekts an einen Standort außerhalb von Gebieten, die anerkanntermaßen über wichtige Werte für die biologische Vielfalt verfügen)

b) Vermeidung durch Projektgestaltung (Konfiguration der Infrastruktur in einer Weise, dass Flächen mit wichtigen Werten für die biologische Vielfalt am Projektstandort erhalten werden)

c) Vermeidung durch Zeitplanung (zeitliche Planung von Projektaktivitäten zur Berücksichtigung der Verhaltensmuster bestimmter Arten (z. B. Fortpflanzung,  Migration) oder der Ökosystemfunktionen (z. B. Flussdynamik) 

  

Ein relevanter Treiber von Biodiversitätsverlust ist die Übernutzung von Ressourcen. Eine Strategie in Bezug auf Produktion, die Beschaffung oder den Verbrauch von Rohstoffen ist daher dringend erforderlich. Die folgenden drei Aspekte können dabei helfen, Schäden zu vermeiden:  

  • Rohstoffabbau aus Ökosystemen, die so bewirtschaftet werden, dass biologische Vielfalt erhalten bzw. verbessert wird. 
  • Lieferanten vermeiden, die nicht nachweisen können, dass sie keine negativen Auswirkungen auf Biodiversität haben 
  • anerkannte und geprüfte Standards und Zertifikate berücksichtigen 

 

Die Vermeidung von Biodiversitätsverlust bringt langfristig auch ökonomische Sicherheit. So kann eine überdachte Strategie zum Rohstoffverbrauch eine enorme Ressourceneffizienz ermöglichen und damit Kosten einsparen. Wird über lange Sicht sogar eine Kreislaufwirtschaft etabliert, so kann dadurch eine dauerhafte Rohstoffsicherheit gewährleistet werden.  

Zudem sind Reputationsrisken und Risiken durch politische Regulierungen im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes nicht zu unterschätzen. Wer sich frühzeitig etwas gegen Biodiversitätsverlust unternimmt, kann bei Kund*innen und Mitarbeitenden punkten und ist vor Umweltklagen oder Auswirkungen durch ordnungspolitische Maßnahmen geschützt. 

Verringern und Wiederherstellen

Lassen sich negative Auswirkungen auf Biodiversität nicht vermeiden, sollen Auswirkungen verringert werden und entstandene Schäden saniert werden. Im Zuge der Verringerungs- und Sanierungsmaßnahmen ist folgendes offenzulegen: 

  • Größe und Lage aller geschützten oder wiederhergestellten Lebensraumflächen  
  • neu geschaffene Flächen, um dort einen Lebensraum zu schaffen an dem dieser ursprünglich nicht existierte 
  • Projekte/Standorte, deren ökologische Integrität verbessert wurde (z. B. Einrichtung von Fischtreppen, Wildtierkorridore). 

 

Eine Wiederherstellung eines Ökosystems in der selben Vielfalt und Qualität wie zuvor ist nahezu unmöglich. Weshalb eine Verringerung oder Wiederherstellung nur dann anzuwenden ist, wenn Maßnahmen zur Vermeidung ausreichend geprüft und gut begründet ausgeschlossen werden mussten. 

Oftmals sind Schäden allerdings schon lange vor einem ausreichenden Bewusstsein über den Wert von Biodiversität erfolgt. Auch wir können Schäden an der Natur beobachten. Vielerorts wurde großflächig Boden versiegelt, unsere Wiesen und Felder sind von Monokultur geprägt und der schlechte Zustand der Wälder ist auch für Laien erkennbar.  

Die Natur ist nicht nur Lieferant wichtiger Rohstoffe oder reguliert die natürlichen Kreisläufe von denen wir abhängig sind, sondern dient uns auch als Quelle der Erholung und Inspiration. Viele Menschen sind mit dem Zustand ihrer lokalen Umwelt emotional verbunden. Der Einsatz für eine Renaturierung und eine gesunde natürliche Umgebung kann die Reputation eines Unternehmens enorm nützlich sein (genauso wie die Zerstörung der Reputation stark schadet). Setzt sich der eigene Arbeitgeber für die Erhaltung der lokalen Natur ein, kann dies zu einer Mitarbeiterzufriedenheit und –bindung beitragen. 

Kompensation von Verlust natürlichen Lebensraums

Ausgleichsflächen für Biodiversitätsverlust zu schaffen und langfristig zu erhalten ist eine Möglichkeit, die nach dem Ausschluss von Vermeidung und nach einer erfolgten Verringerung zur Anwendung kommt. Kompensation ist somit als letztes Mittel zu betrachten. Gleichzeitig bietet das Schaffen von Ausgleichsflächen die Möglichkeit, dass Felder, Wiesen oder Moore nicht der Verwertungslogik zufallen, sondern in ihrer natürlichen Form weiterbestehen können. Beispielsweise können Landwirte ihre Flächen zur Verfügung stellen, um eine Blüh- oder Streuobstwiese anzulegen. Dies kann als Ausgleichsfläche dienen und durch Kompensationszahlungen ermöglicht werden. So können es sich Landwirte finanziell erlauben, dass Flächen, nicht bewirtschaftet werden und einfach als Schutzzone für Tier- und Pflanzenarten dient. 

Ist eine Kompensationsmaßnahme vorgesehen, muss folgendes angegeben werden:  

  • das Ziel und die wichtigsten verwendeten Indikatoren 
  • direkte und indirekte Kosten 
  • eine Beschreibung der Kompensationsmaßnahmen einschließlich der angewandten Qualitätskriterien und der Standards 

 

Werden beispielsweise Moore wieder vernässt, oder Bäume gepflanzt ist dies gleichzeitig eine effektive Maßnahme zur CO2-Reduktion. Diese sogenannten naturbasierten Lösungen bekämpfen also Klimawandel und Biodiversitätsverlust gleichzeitig und können so Antwort auf die vorherrschende ökologische Doppelkrise sein.  

Wie können Maßnahmen zum Schutz von Natur und Biodiversität erfolgreich umgesetzt werden?

Wichtig ist, dass Maßnahmen nicht nur gut gemeint, sondern auch gut gemacht sind. Dies bedeutet konkret, dass die Umsetzungsstrategien auf die lokale Umwelt angepasst werden sollten. Deshalb ist Grundlage von effektiven Maßnahmen eine Analyse der Geschäftsstandorte. Erst sollte festgestellt werden, welche Arten besonders schützenswert sind oder an welchen Standorten die schwerwiegendsten negativen Auswirkungen zu verzeichnen sind.  

Maßnahmen haben in der Regel weitreichende Auswirkungen auf Produktdesign, Standorte oder das gesamte Geschäftsmodell. Sie bedeuten ohne Frage einen Aufwand für das Unternehmen. Nichtsdestotrotz werden Betriebe, die sich frühzeitig mit Biodiversitätsmanagement auseinandersetzen auf lange Sicht deutlich krisensicherer und ökonomisch erfolgreicher arbeiten. 

Wir unterstützen euch bei der Standortanalyse entlang der gesamten Wertschöpfungskette und entwickeln zusammen mit euch und lokalen Umsetzungspartnern eine geeignete Biodiversitätsstrategie. Hier könnt ihr ein unverbindliches Erstgespräch buchen. 

Comments are closed.

Close Search Window